Am frühen Samstagmorgen war bereits ein Streifenwagen der Polizei auf dem Marktplatz erschienen. Besorgte Wittenberger Bürger hatten mehrere Menschen mit Schlägern in den Händen gemeldet. Mario Prell konnte allerdings sehr schnell Entwarnung geben. „Ungefähr 70 Cross-Golfer aus dem gesamten Bundesgebiet sind heute bei uns zu Gast. Sie tragen ihre Qualifikationswettkämpfe für die Europameisterschaften aus. Die zwölf Besten des heutigen Tages fahren am 16. Mai nach London“, erzählt der Organisator des Events vom „Uni-Hockey-Club Elster (UHC)“. Auf den Schwierigkeitsgrad des Parcours eingehend, wiegelt Prell ab: „Das ist nicht so kompliziert. Eine gute Leistung hängt vielfach von der Tagesform ab. Außerdem liegt das Problem beim Golf zwischen den Ohren. Man darf den Frust über ein verfehltes Ziel nicht mit sich rumschleppen, sondern muss die Sache abhaken und unbelastet das nächste Ziel in Angriff nehmen“, weiß er aus eigener Erfahrung zu berichten.
Indessen unternimmt Christian Kelm aus Hannover verzweifelte Versuche, den unmittelbar vor dem Marktbrunnen liegenden Ball in den Wasserspender „einzulochen“. Kelm ist das erste Mal in der Lutherstadt und von der Atmosphäre begeistert. „Die Herausforderung hier ist das Kopfsteinpflaster. Man hat Schwierigkeiten, den Ball zu heben. Obwohl ich schon einen ganz flachen Schläger gewählt habe, gelingt das nur schlecht“, beschreibt er die Situation. Nicht ganz so verzwickt, jedoch auch problematisch, ist der Untergrund in der Schlossstraße. Jens Zoberbier vom UHC Elster nähert sich Schlag um Schlag dem Ziel, einem Papierkorb. „Letztes Jahr war ich bei einem Wettkampf in Wittenberg Erster. Heute läuft es nicht so gut“, schätzt er seine bisherige Leistung ein. Eine weitere Tücke stellen die Bachläufe in den Straßen der Innenstadt dar. Manch ein forsch geschlagener Ball verschwindet darin und so mancher Schläger muss dann kurzzeitig zum Kescher umfunktioniert werden. Auch Philip Rothenhöfer aus Wiesloch bei Heidelberg weiß um die Gefahr, den Ball an Stellen zu versenken, wo er eigentlich nicht hin soll. Seit 2009 ist er in seinem Verein „Die Kopffüßler“ aktiv und hat schon manchen Wettkampf bestritten. „In unserer Gegend haben einige Leute, unabhängig voneinander, mit dem Cross-Golf begonnen. Über Foren im Internet haben wir uns dann kennengelernt und uns zusammengefunden“, erinnert er sich.
Der Parcours an der Schlosskirche endet mit der Aufgabe, die Pumpe vor der „Wittenberg-Information“ anzuspielen. Für Thomas Sueß ist das keine große Hürde. Er war bereits im vergangenen Jahr bei der Europameisterschaft (EM) dabei und konnte mit der Mannschaft den Titel holen. „Wir sind gestern Mittag angereist und haben uns in dieser schönen Stadt schon Einiges angesehen. Am Abend haben wir uns alle im „Brauhaus“ getroffen und jede Menge Spaß gehabt“, so der Aachener. Ebenfalls bereits zu Meisterschaftsehren gekommen ist Jette Schulze. Mit einem Alter von 11 Jahren war sie 2014 beste Spielerin im Team des deutschen EM-Kaders. Auch heute zählt die Düsseldorferin zu den Jüngsten im Teilnehmerfeld. „Bisher ist es ganz gut gelaufen. Wenn es so weitergeht, habe ich gute Chancen auf die Qualifikation für London“; gibt sie sich optimistisch.
Ein halb geöffneter Koffer ist eines der Ziele auf dem Marktplatz. Ein Mann in ledernen Knickerbockern versucht einen Treffer zu landen. Jürgen Rast aus München ist das erste Mal in Wittenberg und von der Stadt sehr angetan. „Bevor wir gestern ins „Hofbräuhaus“ (gemeint war das „Brauhaus“) eingefallen sind, sind wir noch durch die vielen kleinen Gässchen geschlendert. Das war wunderschön. Gern komme ich wieder hierher, auch wenn keine Cross-Golf-Wettkämpfe stattfinden“, lautet sein Credo.
Die 12 für die EM qualifizierten Teilnehmer:
Norman Dick, Aachen
Jens Knopf, Waldorf
Jette Schulze, Düsseldorf
Tell Schulze, Düsseldorf
Klaus Simianer, Wiesloch
Thomas Sueß, Aachen
Jörg Großmann, Berlin
Christoph Merx, Waldorf
Matze Kamm, Stuttgart
Mehn Gömez, Aachen
Claudio Oräk, Stuttgart
Benjamin Schwegler, Weinstadt
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